Bundesbauministerin Hendricks würdigt das „Energielabor Ruhr“ als bundesweit vorbildliches Pilotprojekt

Erstmalig wurden mit dem Energielabor Ruhr Denkmalschutz, Klimaschutz und Quartiersentwicklung verknüpft in einem „Nationalen Projekt des Städtebaus“

Gelsenkirchens Oberbürgermeister Frank Baranowski (links) und Hertens Bürgermeister Fred Toplak (rechts) begrüßen Bundesbauministerin Dr. Barbara Hendricks auf dem ehemaligen Zechengelände Westerholt. Im entkernten Torhaus informieren sie über das Energielabor Ruhr, das Denkmalschutz, Klimaschutz und Quartiersentwicklung erfolgreich in einem „Nationalen Projekt des Städtebaus“ verknüpft. Foto: Stadt Gelsenkirchen

Herten / Gelsenkirchen. „Beim Energielabor Ruhr werden Denkmal- und Klimaschutz gelungen kombiniert. Zugleich hat es eine wichtige Rolle im Stadtquartier. Es bringt Menschen zusammen und vermittelt viele wichtige Kenntnisse, zum Beispiel über saubere Energien. Ich freue mich sehr, dieses Projekt zu unterstützen“, sagte Dr. Barbara Hendricks. Die Bundesbauministerin besuchte heute das Energielabor Ruhr auf der Stadtgrenze von Gelsenkirchen und Herten. Seit Ende 2014 wird hier rund um die ehemalige Zeche Westerholt ein ganzes Quartier nicht nur mit klimafreundlicher Technik, sondern auch mit Rücksicht auf den einzigartigen Charakter der Industriekultur und den Geldbeutel der Hauseigentümer modernisiert. Mit dem Projekt hatten sich die Städte Gelsenkirchen und Herten 2014 gemeinsam beim Bundeswettbewerb „Nationale Projekte des Städtebaus“ gegen 270 Konkurrenten durchsetzen können.

„Seit der Aufnahme in das Förderprogramm des Bundes ‘Nationale Projekte des Städtebaus‘ im Herbst 2014 hat sich unser interkommunales Projekt in Herten und Gelsenkirchen gut entwickelt. Man kann an den Fortschritten sehen, dass wir hier mit hoher Qualität und viel Innovationspotenzial am Stadtumbau arbeiten. Auch wenn es an einigen Stellen noch viel Arbeit gibt, so werden letztendlich die Menschen, die im Stadtteil wohnen, von der Förderung profitieren“, sagte Gelsenkirchens Oberbürgermeister Frank Baranowski. „Das Energielabor Ruhr zeigt, wie sich eine alte Zechensiedlung dank klimafreundlichen Energien und mit Unterstützung der Bewohnerinnen und Bewohner neu erfindet. Es ist schön, diese Fortschritte zu begleiten“, ergänzte Hertens Bürgermeister Fred Toplak. Das Klimabündnis Gelsenkirchen-Herten e.V. unterstützt die interkommunale Zusammenarbeit. Die Stadtspitzen begleiteten die Ministerin bei einem Rundgang zu den aktuell markantesten Punkten der Veränderung im Energielabor Ruhr:

Station 1: Torhäuser und Solarroad

Die umfassende Sanierung der denkmalgeschützten Torhäuser der Zeche Westerholt ist das symbolträchtigste Bauvorhaben im Energielabor Ruhr. Die alten Fassaden wurden aufwändig von Hand gereinigt, die Innenräume bis auf die Grundmauern entkernt und nun – teilweise mit gesicherten Originalmaterialien – für die neuen Aufgaben modernisiert. Eine 75 Meter lange Solarroad (150 Quadratmeter in Asphalt eingelassene Solarmodule) soll zukünftig die Stromversorgung übernehmen. Die Torhäuser waren und sind die Schnittstelle zwischen der Wohnsiedlung und dem ehemaligen Zechengelände. Wo früher der Einlass streng kontrolliert wurde, entstehen nun einladende offene Verbindungen: Neue Eingänge zu mehreren Seiten öffnen die Gebäude. Großzügige Besprechungsräume sollen Initiativen aus den Stadtteilen einladen, sich in die Entwicklung der „Neuen Zeche Westerholt“ und der angrenzenden Stadtteile einzubringen. Anfang 2018 sollen die Torhäuser fertig sein. Bis April wollen die Projektentwickler des Stadtteilbüros Hassel.Westerholt.Bertlich und des Projektbüros Neue Zeche Westerholt hier ihre Büros eröffnen.

Station 2: Neuartige Kleinwindanlage

Das Energielabor Ruhr testet einen neuen, vielversprechenden Prototyp einer Kleinwindanlage. Das in Münster entwickelte Modell hat viele Vorteile: es braucht kein großes Fundament, ist leicht genug für den Einsatz auf Dächern, macht wenig Geräusche und funktioniert auch bei schwachem Windaufkommen. Allerdings produziert die Anlage nur kleine Strommengen, die lokal verbraucht werden können. Auf der ehemaligen Kokerei Hassel wird der Strom ganz unkompliziert an Ort und Stelle direkt verbraucht, und zwar zur Deckung des Strombedarfs einer „Ewigkeitslast“ des Bergbaus: Die Grundwasserreinigungsanlage der ehemaligen Kokerei Hassel benötigt rund um die Uhr, 365 Tage im Jahr, gleichmäßig 6 Kilowatt Strom in der Stunde, den die Anlage liefern kann. Bewährt sich der Prototyp könnte er für rund 100 solcher Grundwasserreinigungsanlagen im Ruhrgebiet eingesetzt werden – und vielleicht auch auf ungenutzten Dachflächen kombiniert mit Solaranlagen.

Station 3: Energiezentrale, Nahwärmenetz, Beratungs- und Förderprogramm

Die neue Energiezentrale in der historischen ehemaligen Heizzentrale auf dem Zechengelände ist das neue Herzstück des Nahwärmenetzes, an das mittlerweile 70 Zechenhäuser angeschlossen sind. Statt Deputatkohle, die ehemalige Bergleute mit dem Ende des Bergbaus 2018 nicht mehr bekommen, können die Häuser in der Meistersiedlung nun komfortabel und sauber mit umweltfreundlicher Wärme beheizt werden. Das seit 2016 laufende Grubengas-Blockheizkraftwerk soll im Rahmen des Projekts Energielabor um einen Speicher und eine Solarthermieanlage ergänzt werden. Zukünftig werden auch die Torhäuser und Gewerbebetriebe, die sich auf dem ehemaligen Zechengelände ansiedeln, an das Nahwärmenetz angeschlossen.

Für die Sanierung der privaten Zechenhäuser hat das Energielabor Ruhr außerdem ein innovatives Förderprogramm aufgelegt, das statt einer festgelegten Technologie die Höhe des vermiedenen CO2-Ausstoßes pro Jahr fördert. Das Programm wird durch Initialberatungen im Stadtteilbüro sowie freie Energieberater begleitet und ist vom Start weg sehr erfolgreich: Bereits im ersten Jahr wurde eine außerordentlich hohe Sanierungsquote von 5 % erreicht. Inzwischen haben 160 der insgesamt 2.100 Zechenhaus-Eigentümer Förderanträge gestellt. Fast alle Antragsteller – über 90 % - tauschen auch ihre Heizung dabei aus. Jedes Jahr werden so mittlerweile bereits 1.500 Tonnen CO2 vermieden. Gestalterische Vorgaben des Förderprogramms stellen sicher, dass der Charme der Siedlung erhalten bleibt.

Denkmalgerecht sanierter Wohnblock Geschwisterstraße

Zum Abschied konnte die Ministerin – schon wieder im Auto für den nächsten Termin – noch ein schönes Beispiel für denkmalgerechte Sanierung „mitnehmen“. Denn bei einem kurzen Stopp an der Geschwisterstraße / Ecke Grünstraße in Herten, nur 600 Meter von den Torhäusern entfernt, wurde bereits ein ganzer Wohnblock vorbildlich modernisiert.

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Ulrich Wessel, Geschäftsführer RAG Montan Immobilien GmbH und Betriebsdirektor RAG AG, Gelsenkirchens Oberbürgermeister Frank Baranowski, Bundesbauministerin Dr. Barbara Hendricks und Hertens Bürgermeister Fred Toplak (v.l.) vor den Torhäusern der ehemaligen Zeche Westerholt. Foto: Stadt Gelsenkirchen
Bundesbauministerin Dr. Barbara Hendricks überreichte Gelsenkirchens Oberbürgermeister Frank Baranowski (links) und Hertens Bürgermeister Fred Toplak (rechts) Plaketten, die das Energielabor Ruhr zukünftig als Premiumprojekt des Bundesprogramms Nationale Projekte des Städtebaus ausweisen. Foto: Stadt Gelsenkirchen