Strom vom Tafelberg

WAZ Gelsenkirchen vom 12. Mai 2010

Auf der Halde Scholven haben die Vorbereitungen für den Bau der zwei 100 Meter hohen Windräder begonnen

Auf der Halde Scholven im Stadtnorden haben die Bauarbeiten für die beiden Windkraftanlagen begonnen, die sich ab Herbst auf Gelsenkirchens höchster Erhebung drehen und Strom produzieren sollen, der ausreicht, um den Jahresverbrauch einer Kleinstadt mit 10 000 Einwohner abzudecken.
Das war jetzt ein langer Weg für die Bagger, hinauf über die steilen und engen Serpentinen auf Gelsenkirchens 140 Meter hohen „Tafelberg“. Dort sollen sie das Erdreich vorbereiten, damit die fast 90 Meter hohen Masten der beiden Windräder einen festen Stand haben. Die Baggerfahrt war dabei noch die leichteste Übung: Denn im Sommer bzw. Herbst muss weit schwereres Gerät und Material hinauf auf die alte Bergehalde der RAG. 45 Meter lange Schwertransporter wuchten dann die Rotorblätter nach oben, ebenso die Bauteile für die bis zu knapp sechs Meter dicken Betonmast-Bauteile. Auch Kräne müssen auf den Gipfel. Ein 500 Tonnen-Exemplar zum Mastbau und schließlich zur Montage der Rotorblätter mit ihrer Spannweite von über 80 Metern und des Generators ein 1200-Tonnen-Monstrum.
„Ich bin selbst gespannt, wie das gehen soll. Die Schwertransporter müssen da praktisch um Spitzkehren fahren“, so Peter Efing, Sprecher des Energieversorgers ELE, der 2009 mit der Essener Mingas-Power GmbH das Gemeinschaftsunternehmen „ELE Scholven Wind GmbH“ zum Bau und Betrieb der Windkraftanlage gegründet hat. Teils müssen die ansonsten selten genutzten Fahrwege auf die Halde, die gemeinhin auch wegen des Gelsenwasser-Wasserreservoirs für die Öffentlichkeit gesperrt ist und nur gelegentlich für Mai-Prozessionen geöffnet wird, verstärkt und auf bis zu 5,50 m verbreitert werden.
Bis die Windkraftanlagen in den Himmel ragen und zur weithin sichtbaren Landmarke im Reviernorden werden, muss nun förmlich der Boden bereitet werden. Die Bagger ebnen den Haldenboden ein, transportieren überschüssiges Bergematerial ab und verfestigen das Erdfundament mit der so genannten „Rüttelstopfverdichtung“. Dazu werden pro Mast rund 80 bis zu 12 Meter tiefe Löcher ins Erdreich geruckelt und mit verdichteten „Kiesstangen“ verfüllt.
Rund sechs Mio € investiert die „Wind-Firma“ in die Anlage, die je 2,3 Megawatt Ökostrom in das ELE-Stromnetz einspeisen wird. Der regionale Stromversorger steigt damit erstmals in die Ökostrom-Gewinnung ein. Geplant ist zudem der Bau der wohl größten Photovoltaik-Anlage in der Stadt. „Wir wollen grüner werden“ hatte ELE-Chef Kurt Rommel jüngst angekündigt.

Oliver Schmeer

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