"Die Tätigkeit erlebe ich als Gartenlust, nicht als Gartenfrust."

Hans-Josef Recker, Gelsenkirchen-Scholven,

Platz 2, Vorgartenwettbewerb 2022

Foto: Martin Schmüdderich

„Eigentlich habe ich nur beim Vorgartenwettbewerb mitgemacht, weil freundliche Passanten aus der Nachbarschaft mich darauf hingewiesen und ermutigt haben, teilzunehmen. Ich habe dann kurzerhand ein paar Fotos eingesendet, um nicht in Verlegenheit zu kommen, wenn sie später wieder vorbeikommen und sich erkundigen. Mit dem Preis habe ich gar nicht gerechnet.

Ich werde oft gefragt, ob mein Vorgarten mit Stauden, Sträuchern und Bäumen nicht sehr arbeitsintensiv ist. In der Regel sind die Menschen erstaunt, wenn ich dann erkläre, dass der Pflegeaufwand nicht den für einen klassischen Rasenvorgarten übersteigt. Solche Rasenvorgärten müssen regelmäßig gemäht werden, unerwünschter Beiwuchs wie Löwenzahn, Klee und Moose entfernt, die Rasenkanten abgestochen oder getrimmt und zeitweise muss bewässert, vertikutiert, nachgesät oder gedüngt werden. Im Vergleich dazu ist mein Vorgarten pflegeleicht; vor allem, seit die Pflanzen dicht aneinander gewachsen sind. Während der eigentlichen Vegetationsperiode vom Frühjahr bis zum Herbst beschränkt sich der Pflegeaufwand auf das Abschneiden verblühter Teile, das gelegentliche Kürzen von Ästen und Entfernen von wenigen, meist höher wachsenden Wildkräutern, also Tätigkeiten, die ich eher als Gartenlust und nicht als Gartenfrust erlebe.

Anfangs haben ich viel mit Versuch und Irrtum, mit Wildblumenwiese, Gräsern und einjährigen Sommerblumen, Kombinationen von Stauden, Kräuter- und Ziergemüsebeeten undsoweiter experimentiert. Damit habe ich mir allerhand Arbeit auf der Suche nach einem abwechslungsreichen, harmonischen und naturnahen Vorgarten gemacht, die nicht nötig gewesen wäre. Man sollte sich vorher in Büchern oder auf Gartenschauen ausführlich informieren und sich durch Mustergärten inspirieren lassen, um zu wissen, in welche Richtung es gehen soll. Ein Basiswissen über die Lebensbereiche und Eigenschaften der häufigsten Stauden ist dabei von großem Vorteil. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es sich lohnt, bei der Gestaltung des Vorgartens einen Pflanzplan zu machen und diesen mit einem Gärtner abzustimmen, um einen den eigenen Wunschvorstellungen entsprechenden Vorgarten zu verwirklichen. In den ersten Jahren einer Neu- bzw. Umgestaltung des Vorgartens hat sich bei mir die Verwendung von Mulchmaterial gut bewährt, um die Zwischenräume frei von Wildkräutern zu halten. Ein größeres Wissen über Pflanzen dient aber nicht nur der Vermeidung von Irrwegen bei der Gestaltung, sondern steigert vor allem das Naturerlebnis und ermöglicht die Umsetzung ganz besonderer individueller Ideen. So habe ich beispielsweise in meinem Vorgarten bei der Auswahl der Sträucher nicht nur auf eine schöne Blüte sondern auch auf mindestens eine weitere attraktive Eigenschaft Wert gelegt: Bei Seidelbast und Schneeball ist es der Duft, bei der eichenblättrigen Hortensie und dem Federbuschstrauch die imposante Herbstfärbung der Blätter.
Es ist schade, dass nicht mehr Vorgärten abwechslungsreich und naturnah bepflanzt sind sondern privat verwaltetem öffentlichem Grüm mit Rasen und unscheinbarer Randbepflanzung gleichen, von den Schottergärten ganz zu schweigen. Wäre es anders, wäre dies für die Ökologie des Nahbereichs ein großer Gewinn und könnte vielerorts Spaziergänge zu einem eigenen Naturerlebnis werden lassen."

 

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Fotos: Hans-Josef Recker