"Die Bebauung ist viel zu dicht geworden. Es gibt zu wenig Erde, die offen ist und atmet."

Kim Redlich, Platz 3, Sonderpreis Hinterhöfe 2021

Foto: Martin Schmüdderich

"Ich halte die Stadtentwicklung nicht für richtig. Die Bebauung ist viel zu dicht geworden. Es gibt zu wenig Erde, die offen ist und atmet. Als ich die Häuserreihe in der Hagenstraße in Buer geerbt habe, war mir klar, dass sich der Hof verändern muss.

Schutt, Betonteile und kaputte Pioniergehölze habe ich entfernt, Kellereingänge und Lichtschächte verfüllt, so dass die Mülltonnen nicht mehr kreuz und quer im Hof stehen sondern direkt am Haus. Die meiste Fläche habe ich dann mit Bodendeckern und Stauden für Insekten bepflanzt, dazwischen schmale Wege und kleine Sitzecken angelegt.

Der Hof ist Gemeinschaftsfläche, wird von allen Mietern, auch von den Ladenlokalen aus, nach Belieben genutzt. Die Creperie hat mir vorgeschlagen, mich für den Hinterhofwettbewerb zu bewerben. Die Werkstatt des Vereins Gelsenkirchen Künstler veranstaltet hier seit Jahrzehnten ihr Sommerfest - und nun auch weitere kleine Veranstaltungen.

Ich wohne hier selbst. Meistens gehe ich morgens von 6 bis 7 Uhr in den Garten. Dann nehme ich mir einen Kaffee mit, fege und kümmere mich um die Pflanzen. Ich brauche das nicht, dass mir alle beim Arbeiten zugucken. Das ist wie im Hotel: Wenn meine Mieter um zehn Uhr mit der Sonne auf den Balkon kommen, ist schon alles erledigt.

Demnächst geht die Begrünung ins Vertikale. Dann bekommen meine Mieter bis in den dritten Stock neue Balkone, nach historischem Vorbild - nur größer. Die sind so ausgelegt, dass dort auch kleine Apfelbäume, Tomaten oder Gemüse in Kübeln wachsen können. Und wenn dann wieder genug Geld da ist, also in ein paar Jahren, dann will ich die Fassade machen lassen und mit Rankpflanzen begrünen.

Meine Mieter machen jedenfalls gut mit. In den fünf Jahren, seit ich hier Eigentümer bin, gab es nicht eine Beschwerde - und  auch die Wohnungswechsel sind seltener geworden. Man braucht in der Stadt nicht unbedingt mehr Bäume, eine Stadt ist ja kein Wald, aber trotzdem kann sie sehr viel grüner und lebenswerter werden."

 

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Fotos: Kim Redlich