"Ohne diese kleine Oase wäre ich wahrscheinlich schon weggezogen."

Heike Feddern, Gelsenkirchen-Erle, 1. Platz beim Sonderpreis Hinterhöfe 2021

 

 

Foto: Martin Schmüdderich

"Ich wohne hier schon seit 30 Jahren. Früher hatte ich nur ein Fenster zum Hof und ein paar Topfblumen draussen. Es fing an mit einem kleinen Bäumchen, das meine Mutter mir geschenkt hatte. Damals musste ich immer mit der Gießkanne durch den Hausflur.

Als der Vermieter den Schuppen begrünte, habe ich ihn gefragt, ob er mir vielleicht statt des Fensters eine Tür einbauen könnte. Er hat eine breite Terassentür und eine kleinen Treppe eingesetzt. Die Tür war  ausschlaggebend: Ich durfte ein kleines Eckchen im Hof für mich vereinnahmen und - weil der Hof von der Straße aus zugänglich ist - auch mit höheren Pflanzen und einem Törchen etwas abgrenzen.

Leider habe ich keine richtige Erde. Die Knochensteine konnte ich nicht entfernen, so dass alles in Töpfen gedeihen muss. Ich nehme an, dass die ein- oder andere Wurzel den Weg durch die Steine gefunden hat. Anfangs ist alles sehr langsam gewachsen. Wenn es heiß ist, muss jeden Tag gegossen werden. Und wenn ich im Urlaub bin, muss halt jemand kommen. Dafür bringt der Garten enorm viel Lebensqualität. Ohne diese kleine Oase wäre ich wahrscheinlich schon weggezogen.

Wenn ich in der Küche sitze, gucke ich ins Grüne. Der Blick verblüfft alle, die mich besuchen. Es sieht ein wenig chaotisch aus, aber mir gefällt es so. Den Amseln auch. Sie haben fünf Jahr lang bei mir genistet - einmal in einem Blumentopf, der etwas versteckt hinter Blättern hing. Dieses Jahr haben die Elstern sie leider gestört. Aber dafür hat sich ein Rotkehlchen-Pärchen eingenistet.

Der Garten verändert sich von Jahr zu Jahr. Dieses Jahr sind die Rosen besonders prächtig geworden. Leider ist im letzten Frost die schon fast armdicke Passionsblume erfroren, sie hatte letztes Jahr noch Früchte getragen. Einige Kletterpflanzen sind mir leicht über den Kopf gewachsen, bilden fast schon ein grünes Dach. Ich habe den Eindruck, dadurch entsteht ein besonderes Klima, es ist frischer und kühler.

Der Blick durch die offenen Türen lässt mich aufatmen, und ich kann beim besten Willen nicht verstehen, wie man sich graue Steine in seinen Garten kippen kann, das kann nur schlecht für`s Gemüt sein!"

 

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Fotos: Heike Feddern